Gott braucht mich nicht perfekt. Gott braucht mich verfügbar.

Predigt zum Patrozinium in St. Gallen
Diese Woche wurde der neue Erzbischof von Wien ernannt, es ist Josef Grünwidl.
Da hat sich einmal mehr gezeigt, dass Strukturen der Kirche nicht unbedingt mit der Medienwelt kompatibel sind. Eine Ernennung muss vorher durch den Ministerrat. und da ist es dann halt vorher durchgesickert. Eine Bischofsernennung wird immer zeitgleich in Rom und vor Ort im Dom bekannt gegeben. Und vorher, obwohl es schon fast alle Medien gemeldet hatten, kann und darf die Diözese nix sagen. Das war in Bayern schon vor Jahrzehnten so und ist in Österreich so: Staatliche Stellen können nicht dicht halten.
Was ich erschreckend fand, diese Woche, dass einige Traditionalisten in der Kirche sich sofort auf den Neuernannten gestürzt haben und ihn gebrandmarkt haben: Dass er der Pfarrerinitiative angehört hat. Dass er sich sogar das Frauenpriestertum vorstellen kann. Und dann hat man noch irgendein Bild aus dem Internet gefischt, wo er mit Regenbogenstola dargestellt wird. Unhaltbar so einer. Das sollte die Botschaft sein.
Beruhigend und zugleich erfrischend finde ich es, wenn man einfach mal auf die ersten Worte hört und dabei lernt, was er sagen will/ was ihm wichtig ist. Unter anderem sticht in seiner kurzen Videobotschaft vor allem eine Aussage heraus. Diese Aussage geschah vor dem Hintergrund, dass Josef Grünwidl das Amt des Erzbischofs erst einmal abgelehnt hatte. Schließlich hat er doch zugestimmt. Und seine Begründung war folgende:
G‘tt braucht mich nicht perfekt.
G‘tt braucht mich verfügbar.
Das ist sicherlich etwas, was jeder von uns mitnehmen kann.
Ich denke an den heiligen Gallus und an die Gemeinschaft, die er mit Columban und den anderen Mönchen geführt hat. Und dann verlässt ihn Columban und die Schar der Mönche und er bleibt alleine zurück.
Diese Situation ist vergleichbar mit vielen Lebenssituationen. Menschen, die sich zurückgelassen fühlen. Mit den vielen einsamen. Mit einem verwitweten Menschen. Vereinen und Gemeinschaften, wo ein Teil weggestorben oder weitergezogen ist.
Und im Sinne des heiligen Gallus darf und muss es heißen, machen wir mit Gottes Hilfe das Beste daraus.
G‘tt braucht uns nicht perfekt.
G‘tt braucht uns verfügbar.
Wahrscheinlich hat sich Gallus nicht im Guten von Columban getrennt. Gallus war es nicht mehr erlaubt die Messe zu feiern. Das ist ein hartes Los für einen Priester. Als Einsiedler und Lehrer wirkte er fortan. Mit Gottes Hilfe hat er das Beste daraus gemacht.
Unsere beiden Altarwächter hier vorne sind Blasius, der Admonter Klosterpatron, und Gallus, unser Pfarrpatron. Seit März 2024 hat auch Blasius wieder einen Hirtenstab.
Beide Hirtenstäbe gehen schön nach außen. Sie begrenzen und wollen führen und uns abhalten, dass wir vom rechten Weg abkommen. Und doch ist das Feld zwischen beiden weit.
Für mich ist das ein schönes Bild für unsere Pfarre. Als Admonter Pfarre. Und doch als selbstbewusste Pfarre mit vielen Möglichkeiten. Offen und weit und doch zum Ziel Christus Jesus führend. ER IST und BLEIBT die Mitte unsere Glaubens.
Und wir stehen im Raum unserer Kirche. Nicht perfekt. Aber bereit und verfügbar für das, was G’tt mit uns vorhat. Amen.
Danke dem Männerchor St. Gallen für ihren Gesang. Hinten sieht man auch wunderbar die Statue des heiligen Gallus.